Die Unterschiede zwischen den Produktionen


CATS - ein Musical, das die Welt erobert hat. Das Musical gastierte schon in vielen Städten, es wurden sogar extra Theater umgebaut. Toronto, Hamburg, New York, Sydney, London, Amsterdam, Stockholm, Tokio, um nur einige der Städte zu nennen. Dazu kommt noch, daß es in Amerika die CATS National Tour gibt - mittlerweile ist die vierte Tour gerade unterwegs und reist kreuz und quer durch Amerika, um auch die Menschen zu unterhalten, die weit weg sind vom nächsten CATS-Theater. Damit die Besucher in Tokio das selbe zu sehen kriegen wie die Zuschauer in Sydney, Hamburg oder New York, muß es in allen Produktionen in jeder Hinsicht gleich aussehen - gleiche Kostüme, gleiche Perücken, gleiches Bühnenbild, gleiche Musik, gleiche Masken - es soll keinen Unterschied geben. Und es gibt sie doch! Sei es aus technischen Gründen (Bau des Theaters) oder weswegen auch immer: Dem eingefleischten Fan werden Unterschiede auffallen, wenn er sich alle Produktionen einmal anguckt und vergleicht.

Im Folgenden werden hier nun die drei Produktionen verglichen: Hamburg, New York und die CATS National Tour IV. Alle anderen Produktionen - außer London - laufen nicht mehr, und die Londoner Produktion ist eine beinahe gänzlich andere - zumindest für hardcore-Fans, denen sogar eine falsche Farbnuance im Kostüm auffallen würde.

Beginnen wir mit dem Theater: Schon von Außen hat der Besucher in Hamburg das Gefühl, daß mit der Größe etwas nicht ganz stimmen kann. Nach Angaben des Operettenhauses finden etwa 1500 Menschen Platz, was man aber auf den ersten Blick nicht für möglich hält. Erst wenn man das Theater von innen sieht, glaubt man es, denn von innen sieht es etwas größer aus, als man anfangs vermutet hätte. Stellt sich lediglich die Frage, wo die Requisite, die Maske usw. untergebracht sind, aber darüber wird es einen weiteren Artikel geben.

In New York dagegen könnte man meinen, daß das Theater weitaus größer ist als Hamburg. Der erste Eindruck aber täuscht, denn in den Ausmaßen ist das Wintergarden - Theater nicht so sehr größer als in Hamburg, es mag lediglich etwas breiter sein, aber es passen etwa genauso viele Menschen hinein.

Im Theater selber sieht es wieder anders aus als in Hamburg - nicht vom Bühnenbild, dafür aber vom Aufbau her. Wenn man in Hamburg durch die Türen sieht und die Bühne sehen könnte, sie läge direkt vor einem. In New York dagegen liegt die Bühne nicht vor einem, sondern auf der linken Seite. Das Theater ist quasi um 90° im Uhrzeigersinn gedreht.

Ein Foyer und Gänge zu den Sitzplätzen gibt es in beiden Theatern, allerdings fällt beides in New York deutlich knapper aus als in Hamburg. Dafür sieht die Raumverteilung fast gänzlich anders aus: Die Bühne ist um einiges größer, dafür aber gibt es keine "Seiten-Bühnen" wie in Hamburg. In beide Theater passen - wie schon gesagt - in etwa genauso viele Menschen rein, aber in New York können genauso viele Menschen in den Rang wie aufs Parkett, in Hamburg aber passen gerade 1/4 der Besucher auf den Rang. Das Witzige in New York aber ist: Es gibt Sitzplätze, die befinden sich regelrecht auf der Bühne.. Links und rechts der Bühne gibt es ein paar Sitze, die zwar nicht mitbespielt werden, aber näher an den Katzen geht es nun wirklich nicht! Ferner gibt es eine Treppe in der Mitte und jeweils eine Rampe links und rechts an der Bühne, dazu noch einen kleinen Gang ganz weit rechts. Das Interessanteste dabei ist aber der sogenannte "Standing Room". Hinter der allerletzten Sitzreihe verläuft ein Gang, durch den man zum richtigen Teil des Theaters laufen kann, um dann von einem Platzanweiser seinen Sitz gezeigt zu bekommen. Wenn man Tickets für diesen "Standing Room" hat, steht man nirgends anders als in eben diesem Gang und guckt von ganz hinten zu. Mit 15 US-$ sind diese Tickets auch nicht überteuert, und man hat allemal einen besseren Blick als wenn man mitten zwischen den Leuten sitzt. Leider aber werden diese Tickets nur dann verkauft, wenn alle Sitzplätze schon ausverkauft sind!

Die Bühne liegt übrigens in Hamburg etwas höher als in New York, so das es in NY einfacher ist, aus der ersten Reihe dem Treiben auf der Bühne zuzugucken.

Bei der CATS National Tour IV kann man über das Theater keine Aussagen treffen, da diese Produktion ja alle zwei Wochen das Theater wechselt. Das Bühnenbild muß dementsprechend leicht auf- und abzubauen sein, muß aber dennoch stabil genug sein. Durch diese Umstände besteht Growltigers Schiff lediglich aus einem Vorhang und einer Brücke in Minimalausführung. Während Asparagus zu Growltiger wird, kommt der Vorhang, und hinter diesem wird dann das "Schiff" aufgebaut. Ähnlich geht es in Hamburg zu: Nachdem der Vorhang fällt, verwandelt sich Asparagus in Growltiger, während hinter dem Vorhang das Schiff aufgebaut wird. Dieses Mal allerdings besteht es größtenteils aus Holz (?), nur der Hintergrund wird durch einen Vorhang simuliert.

In New York dagegen hat man wieder mal den Vogel abgeschossen: Dort trumpft man gleich mit einem kompletten halben Boot auf. Man erinnert sich vielleicht noch an den "normalen" Hintergrund, den Jellicle Mond und den Nachthimmel? Nun, der Hintergrund klappt in New York nach vorne, und fertig ist das Boot - kein Vorhang, keine Bühnenarbeiter, die eine Brücke reinschieben - das Boot ist auf der anderen Seite des Hintergrundes komplett angebracht, sogar andere Schiffe und Wellen gibt es in dieser "Ausführung" des Bootes. Lediglich der Himmel wird wieder durch einen blauen Vorhang ersetzt.

Lady Griddlebone (die flauschige, weiße Katze mit den vielen Haaren und dem endlosen Schwanz) betritt bei der Tour die Bühne einfach von der Seite, in Hamburg steht sie schon erst mal auf einer Art "Balkon", bevor sie von da aus direkt auf die Bühne geht, und in New York wandert sie den kleinen Gang ganz rechts entlang, singt ihr "so no qui" vor der Bühne und steigt erst dann eine kleine Rampe auf - womit wir bei den Unterschieden in Maske, Kostüm und Ablauf wären.

In Hamburg gibt es ziemlich viele Darsteller, die nicht aus Deutschland stammen und der deutschen Sprache nicht allzu mächtig sind - was man beim Singen natürlich hört. In Amerika dagegen gibt es dieses kleine Manko nicht, da sind alle Darsteller der englischen Sprache mächtig, und es hört sich ziemlich interessant an, wenn wirklich alles genau so ausgesprochen wird, wie es auch ausgesprochen werden sollte!

Der wohl bedeutendste Unterschied bei der CATS National Tour IV besteht darin, das sie einfach zwei Charaktere, Tantomile und Coricopat, die beiden mystisch angehauchten Zwillinge, rausgeschmissen haben, weil es somit weniger Kostüme und Perücken zu transportieren gibt, und weil man dann zwei Darsteller weniger bezahlen muß.

In der Maske gibt es keine allzu großen Unterschiede, und auch die Kostüme gleichen einander fast wie ein Ei dem anderen - mit Ausnahme des von Cassandras. Sie hat in New York und in der Tour einen weißen Bauch und einen weißen Rücken, in Hamburg dagegen hat sie nur einen weißen Bauch.

Während des Prologes "Jellicle Songs für Jellicle Katz" an der Stelle "Wie am Zirkustrapez fliegen wir durch die Luft" legt Tumblebrutus in Hamburg eine astreine Bodenakrobatik-Nummer auf die Bühne, in New York und in der Tour dagegen schwebt er an einem echten Trapez über die Köpfe der anderen Katzen.

Der nächste Unterschied tritt während Die Gumbie-Katze auf. In Hamburg sitzt Skimbleshanks auf dem Kofferraum des Schrottautos und "befiehlt" der Tür durch Aufstampfen, sich zu öffnen, während sonst Mr. Mistoffelees auf dem Kofferraumdeckel sitzt und mit einer Handbewegung á la "Sesam öffne dich" die Tür öffnet. Zudem wurde in Deutschland eine ganze Strophe gekürzt.

In Hamburg und New York tritt der Rum Tum Tugger gleich nach der Gumbie-Katze auf, indem mit lautem Getöse eine Art Steg aus dem Hintergrund rausklappt und der Tugger oben auf diesem Steg steht. In der CATS National Tour IV hingegen ist das aus rein technischen Gründen nicht möglich, es bedürfte da eines Umbaus im Theater. Dem Tugger bleibt da nichts weiter als ein "konventioneller" Auftritt aus einem Seiteneingang.

Aufgrund dieser baulichen Unterschiede allerdings sieht auch der Auftritt der Rumpus Katz während der Schlacht der Pekies und Pollicles etwas anders aus: In Hamburg und bei der Tour kommt er von der Seite, aber auf dem Broadway schießt er regelrecht aus der Bühne heraus. Unter der Bühne befindet sich eine Art Katapult, die den Darsteller durch eine Luke auf die Bühne rausschleudert. Diese Luke kann sich natürlich nur in eine Richtung öffnen. So genial das auch aussehen mag, es birgt auch so seine Tücken. So kam es einmal (und nach mehr als 6300 Shows auch nur einmal) vor, daß sich der Schwanz der Rumpus Katz in dieser Luke verfing. Nachdem der Darsteller ihn da raus gekriegt hatte, sah er allerdings etwas ramponiert aus!

Der wohl interessanteste Unterschied ist die Paarung der Katzen während des Jellicle Balls. Während beim... äh... One-Night-Stand Victoria und Mr. Mistoffelees ein téte a téte haben, sind es sowohl in New York als auch in der Tour Victoria und Skimbleshanks, der Eisenbahnkater. Eine Tatsache, die bei amerikanischen Fans für ziemlichen Unglauben und Verwirrung sorgt...

In der Pause hat man die Möglichkeit, auf die Bühne zu gehen und mit Old Deuteronomy, dem Katzenpatriarchen zu reden, und zum Ende der Pause sorgen dann die Spielereien der Darsteller bzw. Katzen für einige lustige Momente. Sei es, daß Rumpleteazer (absichtlich) gegen einen Holzmasten knallt und Mungojerrie sie mit einer Herzmassage wiederbeleben will, oder das sich einige Katzen / Kater ihren Weg über die Sitze bahnen oder einfach nur auf einem Sitzplatz sitzen bleiben und sich partout nicht vertreiben lassen - den Phantasien der Darsteller ist da keine Grenze gesetzt. Beides aber - das Betreten der Bühne und diese Albereien - sind bei der Tour nicht möglich, da oftmals keine direkte Verbindung vom Zuschauerraum zur Bühne existiert, weil sich der Orchestergraben dazwischen befindet! Dafür kann man in der Pause aber schon mal mit einem Musiker etwas plauschen, denn in New York und in Hamburg ist das Orchester in einem separaten Raum untergebracht - in Hamburg links neben der Bühne, in New York rechts hinter dem großen Coca-Cola-Schild. Wenn man bei der Tour in der ersten Reihe sitzt, kann es durchaus passieren, daß sich die Zusammensetzung der Musik zu verschieben scheint - ein sehr interessantes Erlebnis! Apropos Musik: Generell ist die Musik immer die gleiche, aber während des Jellicle Balls in New York hört man ab etwa der Mitte die E-Gitarre besonders gut, und außerdem ist dort ein Takt etwas abgeändert im Vergleich zu Hamburg. Nachdem der Zuschauer also seinen Sitzplatz wieder hat und sich alle Katzen und Kater auf der Bühne versammeln, geht es wie gewohnt weiter.

Skimbleshanks' Lokomotive sieht von Produktion zu Produktion etwas unterschiedlich aus, die "Zusammensetzung" variiert minimal. So besteht in Hamburg der Kuhfänger aus einem Rechen, in New York dagegen ist es ein richtiger Kuhfänger auf Rollen, das Ding sieht äußerst massiv aus.

Ein weiterer und auch recht interessanter Unterschied wird der Zuschauer während des Liedes Macavity bemerken. Nachdem Macavity Old Deuteronomy gekidnappt hat, berichten Bombalurina und Demeter über die Übeltaten des Bösewichts. Interessant dabei ist, daß auf dem Broadway Alonzo (ihr späterer Freund) auch mittanzt, und zwar immer nur dann, wenn gerade Demeter tanzt - um sie vor Macavity zu schützen! In Hamburg allerdings ist dem nicht so, dort tanzt Demeter alleine (und wird trotzdem nicht entführt...).

Bis zum Ende verläuft nun die Show in allen drei Produktionen gleich, aber die Art und Weise, wie die Darsteller die Show beenden, ist wieder unterschiedlich und einen Blick wert!

In Hamburg endet sie damit, daß Tumblebrutus eine abschließende Bodenturn-Einlage gibt und dann als letzer von der Bühne verschwindet. In New York dagegen bleibt der Tugger bis zum Schluß auf der Bühne, und zur letzten Note des Orchesters bewegt er einmal kurz seine Hüfte, als ob er damit die Musik "ausmacht". In der Tour aber sieht das Ende am interessantesten aus: Bombalurina bleibt hier als letzte auf der Bühne, und gerade in dem Moment, in dem sie sich von der Bühne zu gehen schickt, taucht der Tugger wieder auf der Bühne auf. Nachdem er sie während seines Songs eiskalt hat abblitzen lassen, scheint er sie nun doch für sich selbst entdeckt zu haben. Er pirscht sich an sie rann und will sie gerade küssen, als Bombalurina ihm nun einen Korb gibt und ihn wegstößt. Der Tugger fällt zu Boden, Bombalurina gibt ein uninteressiert klingendes "Pah!" von sich, steigt über den Tugger und verschwindet von der Bühne. Der Tugger steht daraufhin auf, stößt ein "WOW!" aus, das wohl sagen soll: "Sie steht also doch auf mich..." - und verschwindet durch den gleichen Bühnenzugang von der Fläche.

Bliebe da noch ein letzter Unterschied: Wenn man in Hamburg auch nur eine Minute zu spät kommt, kann man getrost den halben ersten Akt abschreiben. In Amerika dagegen wird man sobald es möglich ist, zu seinem Sitz gebracht - ein interessanter Service. Was aber in beiden Ländern mehr als unzureichend ist, ist die Ausschilderung. Wenn man in Hamburg zum Operettenhaus will und man ist gerade irgendwo in der Nähe der Alster - keine Chance, es gibt weit und breit kein einziges Schild, das wenigstens die ungefähre Richtung anzeigt. In New York ist es zwar das gleiche, aber da dort die Straßen nach dem typisch amerikanischen Schachbrett-Muster aufgebaut sind, kann man Broadway, Ecke 50. Straße ziemlich schnell und einfach finden! Auch wenn die Really Useful Company sich Mühe gibt, alle Produktionen einander anzugleichen, bleiben doch noch Unterschiede, die sich einfach nicht ausgleichen lassen - was aber nicht stört - im Gegenteil: Dem eingefleischten Fan wird es Spaß machen, sich in einen andere Produktion reinzusetzten und mit Argusaugen nach den Unterschieden zu suchen. Sollten Sie je zu dieser Gelegenheit kommen: Nutzen Sie und genießen Sie diese etwas andere Aufführung, es ist ein recht interessantes Erlebnis!

Vlado Vidovic


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